Mobile Arbeitsplatzsysteme spielen in modernen intralogistischen Abläufen eine größere Rolle, als es auf den ersten Blick scheint. Während stationäre Arbeitsplätze klar nach ergonomischen Kriterien gestaltet werden, bleiben mobile Module wie Wagen, Durchlaufregale oder verschiebbare Materialplätze oft im Hintergrund. Dabei entfaltet sich genau hier ein wesentlicher Teil ergonomischer Wirkung – dort, wo Material tatsächlich bewegt, zugeführt oder kurzfristig umstrukturiert wird.
In der täglichen Praxis zeigt sich: Ergonomie endet nicht am fest installierten Packtisch oder an der Montagestation. Sie entsteht überall dort, wo Bewegungen stattfinden, Übergaben erfolgen und Materialflüsse variieren. Mobile Arbeitsplatzsysteme wirken deshalb nicht ergänzend, sondern als integraler Bestandteil einer ergonomisch stabilen Prozessgestaltung.
Mobile Systeme als Teil eines ergonomischen Gesamtsystems
Ein Arbeitsplatz kann ergonomisch sehr gut gestaltet sein – Höhen, Greifräume und Ablagen stimmen. Doch sobald die Versorgung nicht in diesen Rhythmus passt, entstehen Störungen. Genau an diesem Punkt setzen mobile Module an: Sie verbinden körperliche Ergonomie mit Materialfluss und Prozesslogik. Nicht der Mensch geht zur Ressource, sondern die Ressource kommt kontrolliert in seinen ergonomischen Bereich.
Typische ergonomische Effekte mobiler Systeme:
- stabilere Greifwege trotz wechselnder Materialgrößen
- weniger Unterbrechungen im Ablauf
- geringere mentale Belastung durch klare Strukturen
- kompaktere Bewegungsmuster bei hoher Frequenz
- flexible Übergabezonen, besonders bei Variantenwechseln
Mobile Module wirken damit unmittelbar prozessstabilisierend – und diese Prozessstabilität ist ein ergonomischer Effekt.
Materialfluss als ergonomischer Faktor
Packprozesse wechseln zwischen Sichtarbeit, Greifarbeit und Druckarbeit. Eine einzige fixe Arbeitshöhe führt zwangsläufig zu ergonomischen Kompromissen, weil Tätigkeiten unterschiedliche Anforderungen haben. Sinnvoll ist eine Fläche, die mehrere Funktionszonen anbietet und natürliche Bewegungsmuster unterstützt.
In der Praxis zeigt sich: Zwei Ebenen reichen oft aus – eine Arbeitsfläche im ergonomischen Greifraum und eine zweite Ebene leicht darüber oder darunter für Vorbereitungs- oder Verschließarbeiten. Diese klare Funktionsaufteilung reduziert Unterbrechungen, weil die Bewegungen nicht ständig von feinmotorisch zu kraftbetont wechseln müssen.
Materialfluss – Ordnung erzeugt Ruhe
Ein Kommissionierplatz oder Packtisch funktioniert nur dann ruhig, wenn Material in der richtigen Höhe, Reihenfolge und Position ankommt. Viele ergonomische Belastungen entstehen nicht durch schwere Lasten, sondern durch unklare Materialwege.
Beispiel aus der Praxis:
In einem Automotive-Aftermarket-Projekt mussten Mitarbeitende KLT seitlich abstellen, weil die feste Ablage nicht zur Bauteilsortierung passte. Ein mobiler Wagen, angepasst an den primären Greifraum, eliminierte diese Ausweichbewegungen vollständig. Die Taktzeit änderte sich kaum – aber die Streuung sank deutlich. Das typische Muster: Der Prozess wird ruhiger.
Der Materialfluss bestimmt also, ob Bewegungen konsistent bleiben oder ob Mitarbeitende kompensieren müssen. Mobile Systeme machen diese Konsistenz erst möglich.
Greifräume und Reichweiten – mobile Systeme als ergonomischer Puffer
In Bereichen mit hoher Variantenvielfalt oder schwankenden Behältergrößen geraten feste Arbeitsplatzmaße schnell an Grenzen. Mobile Systeme erlauben es, Greifräume dynamisch anzupassen, ohne den Arbeitsplatz umzubauen.
Beispiel:
In einer Ersatzteillogistik wurden variierende KLT-Höhen bislang aus der Kniezone entnommen. Ein höhenverstellbarer mobiler Wagen ermöglichte die Entnahme in einem konstanten Greifbereich – unabhängig vom Produktmix. Der ergonomische Vorteil lag weniger in der Kraftreduktion, sondern in der Wiederholbarkeit der Bewegung.
Gerade in Hochfrequenzbereichen mit 400–800 Picks pro Schicht sind diese Mikroeffekte messbar.
Höhenlogik – warum mobile Module Übergaben glätten
Übergabepunkte gehören zu den ergonomisch sensibelsten Stellen eines Prozesses. Material, das zu tief, zu hoch oder zu weit hinten ankommt, erzeugt unruhige Bewegungen. Wenn mobile Module in Höhe, Neigung und Position definiert werden, verschwinden viele dieser Belastungen.
Beispiel aus einem NeoLog-Projekt im Maschinenbau:
Ein mobiles Durchlaufmodul wurde so angepasst, dass die Endhöhe der Rollenbahn exakt auf den Greifraum abgestimmt war. Die zuvor nötige leichte Vorbeugebewegung entfiel. Die Taktzeit blieb unverändert – aber die Bewegungsruhe war deutlich spürbar.
Höhenlogik ist damit kein Fixmaß, sondern ein dynamischer Bestandteil ergonomischer Prozessführung.
Mobile Systeme machen Prozesse resilient
Ein Vorteil mobiler Arbeitsplatzmodule wird häufig unterschätzt: Sie fangen Schwankungen ab. Variantenwechsel, saisonale Spitzen, temporäre Engpässe oder Umstrukturierungen lassen sich mit mobilen Einheiten strukturell beherrschen, ohne die Stationen selbst zu verändern.
Typische Anwendungsfälle:
- Kommissionierinseln, die je nach Auftragslage erweitert oder reduziert werden
- mobile FIFO-Systeme zur Entzerrung von Spitzenlasten
- Montagelinien, die bei Variantenwechsel zusätzliche Übergabepunkte benötigen
- Packbereiche, die saisonal unterschiedliche Abläufe fahren
- flexible Bereitstellungswagen zwischen mehreren Stationen
Mobile Systeme erhöhen damit nicht nur ergonomische Qualität, sondern auch Wandlungsfähigkeit – ein zentraler wirtschaftlicher Aspekt.
Dynamik im Pick-Prozess – Ergonomie unter Frequenz
Viele Belastungen entstehen nicht durch schwere Arbeit, sondern durch die hohe Wiederholfrequenz von Greifen, Ablegen, Scannen. Mobile Systeme wirken hier als Taktstabilisator.
Typische ergonomische Effekte:
- klare Bewegungsachse → weniger Mikrodrehungen
- definierte Ablagepunkte → weniger Suchbewegungen
- mobile Behälterebenen → keine Ausweichschritte
- konstante Endhöhe → weniger Schulterarbeit
Diese Effekte sind klein, aber sie wirken sich unmittelbar auf Fehlerquote, Ermüdung und Prozessqualität aus.
Praxisempfehlungen für mobile Arbeitsplatzsysteme
- Übergabe- und Endhöhen zwischen stationären und mobilen Modulen angleichen
- mobile Regale an die häufigsten Greifwege orientieren
- großvolumige Gebinde frontal statt seitlich zuführen
- klar getrennte Zonen für Primär- und Sekundärmaterial
- Containerbewegungen möglichst in der Bewegungsachse führen
- Rollenqualität an Bodenverhältnisse anpassen
- mobile Einheiten als festen Bestandteil des Prozesses planen – nicht als Zubehör
Fazit
Mobile Arbeitsplatzsysteme sind ein entscheidendes Element moderner Ergonomie. Sie wirken dort, wo Abläufe variieren, Materialwechsel stattfinden und Bewegungen entstehen. Durch klar definierte Greifzonen, strukturierte Materialflüsse und flexible Positionierung stabilisieren sie Prozesse und reduzieren Belastungen – besonders in Kommissionierung, Montage und Verpackung.
In vielen Projekten zeigt sich: Mobile Module machen Prozesse nicht schneller, sondern ruhiger. Und genau diese Prozessruhe ist die stärkste ergonomische Wirkung.




